Die Feier der Eucharistie unterliegt – bei aller historisch bedingten Entwicklung und sich wandelnden Gestalt – wie alle Riten einem festen Ablauf („Ordo missae“). Dieser ist im sog. „Ordinarium“ festgelegt, das alle feststehenden Teile der Feier im Volltext mit umfasst, während Eigentexte, die für jeden Tag des Jahres spezifisch angepasst sind („Proprium“), an anderer Stelle verzeichnet sind und stets eigens eingefügt werden müssen.
Aus dem Ordinarium haben für die liturgisch-kirchenmusikalische Praxis die fünf feststehenden Teile Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei eine besondere Bedeutung erlangt. Sie wurden schon früh mehrfach vertont. Mit der Entwicklung der Mehrstimmigkeit im Mittelalter konzentrierte sich seit der „Messe de Nostre Dame“ von Guillaume de Machaut (1300- 1377) der Fokus bei musikalischen Neuschöpfungen immer stärker auf diese fünf Teile, für die sich daher ebenfalls der Terminus „Ordinarium“ etabliert hat.
Das Kyrie (griech. κύριε ἐλέησον, „Herr, erbarme dich“) stellt einen bereits vorchristlich in Götter- und Kaiserkult gebräuchlichen Huldigungsruf dar. Der Kyrios-Titel wurde bei der griechischen Übersetzung der hebräischen biblischen Bücher für den Gottesnamen Jahwe gebraucht. Genau dieser Titel wird durch die junge Kirche zur Artikulation ihres Bekenntnisses auf Jesus angewandt, der von den Toten auferstanden und in der Herrlichkeit des Vaters vollendet ist: „κύριος Ἰησοῦς Χριστὸς – Kyrios ist Jesus Christus“ (Phil 2,11).
Das Gloria greift das Motiv des in Lk 2,14 dargestellten Lobgesangs der Engel aus der Weihnachtserzählung auf: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.“ Der Lobpreis des Gloria beinhaltet ferner Akklamationen („Wir loben dich, wir preisen dich, wir beten dich an“) sowie Christus-Rufe („Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus; Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters“). Das Gloria ist seit dem 6. Jhd. allmählich aus der Liturgie der Tagzeiten in die Feier der Eucharistie übernommen worden: zunächst nur, wenn der Bischof von Rom selbst den Vorsitz führte, später über die Bischofsmesse allgemein bis schließlich in jede sonntägliche und festliche Eucharistiefeier außerhalb der Bußzeiten.
Das im Credo verbalisierte Glaubensbekenntnis ist erst nach der Wende vom ersten zum zweiten Jahrtausend in die Feier der Eucharistie übernommen worden. Seine ursprüngliche Funktion als Taufbekenntnis ist dabei unverkennbar geblieben. Unter den zahlreichen Bekenntnisformeln weist der Text des verbreiteten nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses besondere Akzente entsprechend der lehramtlichen Schwerpunkte der gleichnamigen antiken Konzilien auf (Gott-Menschsein Jesu Christi, Heiliger Geist). Innerhalb der Eucharistiefeier artikuliert das Credo im Modus des Bekenntnisses, was im Hochgebet in der Weise eulogischen Gedenkens vollzogen wird. Das Credo wird nur an Sonntagen und Hochfesten gesungen.
Das Hochgebet der Eucharistiefeier beginnt mit der Präfation, einem entsprechend dem Kirchenjahr variierenden Lobpreis Gottes, worin seiner Großtat (Oikonomia) in heilsgeschichtlicher Perspektive gedacht wird. Die Präfation, die vom vorstehenden Bischof bzw. Priester vorgetragen wird, mündet unmittelbar in die eigentlich von allen Mitfeiernden zu singende Akklamation des Sanctus: „Heilig, heilig, heilig“ (vgl. Trisagion). Der Text des Sanctus greift die Verherrlichung Gottes nach Jes 6,3 sowie Offb 4,8 auf, weiterhin eine Anrufung des Messias (Ps 118,26; Mt 21,9: Benedictus/Hochgelobt sei…) mit dem charakteristischen Hosanna-Ruf.
Das Agnus Dei dient als Begleitgesang zur Brotbrechung. Diese Handlung war für die frühchristliche Eucharistie derart konstitutiv, dass die ganze Feier danach benannt worden ist (vgl. Apg 2,42; Lk24,30). Der Begleitgesang wird so oft wiederholt, bis die Brotbrechung abgeschlossen ist. De facto aber hat sich eine dreimalige Wiederholung etabliert, wobei der dritte Teil durch „dona nobis pacem – gib uns deinen Frieden“ abgeschlossen wird. Die Bezeichnung Jesu Christi als Lamm Gottes findet sich im biblischen Zeugnis bei Joh 1,29 und stellt einen ausdrücklichen Bezug zum jüdischen Pessach (Ex 12) her. Die christliche Eucharistiefeier geht von ihrer Wurzel her auf die jüdische Pessach- oder Pascha-Feier zurück, die um das Element der Eucharistie im engen Sinn erweitert wurde. Jesus Christus ist das Pessachlamm im eigentlichen, absoluten Sinn.