»Gaudete« - Der Name des dritten Adventssonntags kommt aus der Musik für diesen Tag
„Gaudete“ – Wie ein Eigenname markiert dieser Ruf den dritten Adventssonntag: „Freut euch!“. Der 3. Advent ist damit benannt nach den ersten Worten aus dem Gesang zur Eröffnung, der im Gregorianischen Choral für die Eucharistiefeier an diesem Sonntag vorgesehen ist. Eine derartige Benennung des ganzen Sonntags nach den ersten Worten des Choralgesangs zur Eröffnung gibt es im Prinzip für jeden Sonntag des Kirchenjahres. Ein solches Etikett hatte sich in kirchlichen Kreisen eingebürgert, als man an jedem Sonntag den dafür vorgesehenen speziellen Choral gesungen hat. Heute noch gebräuchlich in der Katholischen Kirche sind aber im Wesentlichen nur diese drei: „Rorate“ („Tauet Himmel den Gerechten“) für den 4. Advent, „Laetare“ („Freu dich, Jerusalem“) für den 4. Fastensonntag und eben „Gaudete“ („Freut euch“) für den 3. Advent.
Der Text dieses sog „Introitus“ (lat. Einzugs- bzw. Eröffnungsgesang) am 3. Advent entstammt dem Philipperbrief: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe.“ (Phil 4,4-5). Der Eröffnungsgesang bringt damit das adventliche Motiv dieses Sonntags auf den Punkt: Dass der Herr nahe ist. Und genau darin liegt der Grund für jene Freude, zu der Paulus die Gemeinde in Philippi in seinem Brief aufruft – und auch uns heute aufruft. Gott thront ja nicht in irgendeiner Ferne, als hätte er mit der Welt oder mit uns seit der Schöpfung nichts mehr zu tun. Vielmehr hat Gott sich selbst offenbart, indem er in der Fülle der Zeit seinen Sohn gesandt (Gal 4,4,) und uns in Jesus Christus gewissermaßen sein eigenes Antlitz gezeigt hat. Wir können uns also freuen, weil der Herr selbst nahe ist: (Adventus: lat. Ankuft).
Inhaltlich entsprechend kommt das Gaudete-Motiv unter den Kirchenliedern insbesondere im „Tochter Zion, freue dich“ zum Ausdruck, das sich für den Gottesdienst am 3. Advent also wie kaum ein anderes Adventslied empfiehlt. Die vertraut klingende, prächtige Musik hat Georg Friedrich Händel 1747 komponiert, allerdings nicht als Adventslied.
Komponiert hat Händel diesen triumphalen Chorgesang „See, the conqu’ring hero comes“ (engl. „Sieh, der siegreiche Held kommt“) für den dritten Akt seines Oratoriums „Joshua“. Text und Kontext sind bei Händel also nicht am Advent ausgerichtet, ja nicht einmal als Kirchengesang angelegt. Vielmehr geht es im „Joshua“ um die Landnahme Israels zur Zeit Josuas. Der Richter Otniël erhielt nach Eroberung der Stadt Debir die junge Achsa, die Tochter seines Onkels, des Eroberers Kaleb, zur Frau (Jos 15,16-17). Mit dem Jubelgesang wird Otniël empfangen.
Weil das Stück aber sehr populär geworden war, hat Händel selbst dieses als Ergänzung in sein bereits früher entstandenes Oratorium „Judas Makkabäus“ übernommen. Der besondere musikalische Charakter dieses triumphalen Chors zum Einzug des Helden hat knapp ein Jahrhundert später den evangelischen Theologen und Philologen Friedrich Heinrich Ranke dazu inspiriert, Liedstrophen in Anlehnung an Sach 9,9 zu dichten: „Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir.“
Der Text entspricht zugleich Zefanja, wie Sacharja einer der zwölf sog. Kleinen Propheten im Alten Testament. Der Abschnitt Zef 3,14-17 wird seit der Liturgiereform als 1. Lesung am 3. Adventssonntag vorgetragen, allerdings nur im Lesejahr C. Im Lesejahr A wird ein entsprechender Abschnitt aus Jes 35 vorgetragen: „Die Wüste und das trockene Land sollen sich freuen“. Das klingt zwar weniger triumphal, ist aber ganz und gar adventlich. Der Gesang des „Tochter Zion“ ist also auch an diesem 3. Advent bestens geeignet, um die nahe Ankunft des Herrn zu besingen.